Jeder von uns liest tagtäglich ein Unmenge von Artikeln, Büchern, Zeitschriften und so weiter. Damit diese Artikel beziehungsweise Bücher korrekt und gut geschrieben werden, beauftragen viele Autoren einen Lektor. Er hilft den Autoren, Rechtschreibfehler zu vermeiden und auch einen dem Zielpublikum angemessenen Schreibstil zu finden. In diesem Interview erfahren Sie, was ein Lektor genau macht und wie sein Arbeitsumfeld aussieht.
Wir haben dazu Sonja Brunschwiler interviewt. Sie arbeitet seit fast 20 Jahren als selbstständige Texterin und Lektorin in Zürich. Neben ihrem Bürojob liebt sie sportliche Aktivitäten wie Tennis, Billard und Radfahren. So findet sie einen gesunden Ausgleich zu der viel Konzentration erfordernden Arbeit als Lektorin. Vor ihrem Studium der Germanistik an der Universität Zürich hat sie eine Ausbildung als Werbeassistentin gemacht und einige Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Während dieser Arbeit merkte sie, dass sie sich sehr für Texte und Sprache interessierte. Nach ihrem erfolgreichen Studienabschluss war sie für einige Zeit im Marketing angestellt bis sie sich schließlich selbstständig machte.
Mein Name ist Sonja Brunschwiler. Ich bin kurz vor dem Sommer aller Sommer geboren, also im November 1967. In der Stadt Zürich habe ich das Licht der Welt erblickt und bin vorwiegend in Rüti und in Winkel bei Bülach aufgewachsen. Obwohl es mich nach einer etwas wilden Jugend auf dem Land zurück an meinen Geburtsort gezogen hat und ich bis heute das Stadtleben sehr schätze, habe ich noch immer ein Landei-Herz. Deshalb wohne ich mit meiner 14-jährigen Tochter und meinem Lebenspartner an der Peripherie, die die Stadt perfekt mit dem Dorf verbindet. Ich liebe es, mit dem Velo durch die Stadt zu kurven und schlage mir hier meine Freizeit am liebsten an und in der Limmat um die Ohren. Neben Stadtradeln mache ich aber auch richtigen Sport: Tennis, Billard, Tischtennis und Pétanque sind meine Favoriten – ja, ich bin sehr auf das Runde konditioniert!
Meine Firma TEXARBEIT ist ein 1-Frau-Unternehmen und wird das mit großer Wahrscheinlichkeit auch bleiben, weil ich auf diese Weise unabhängig bin. Aber nach meinen bald 20 Jahren Selbstständigkeit verfüge ich über ein grosses Netzwerk, deren Mitglieder mich je nach Bedarf arbeitstechnisch unterstützen, inspirieren, motivieren, ersetzen, erweitern, bereichern.
Direkt nach der Matura in Bülach hatte ich keine Lust auf ein Studium. So wurde ich in meinem ersten Berufsleben Werbeassistentin. Die Ausbildung dazu erfolgte an der SAWI in Biel und mein bekanntester Arbeitgeber war die GGK Zürich. Mit 24 Jahren entschied ich mich aber doch noch für ein Studium und schloss 6 Jahre später in Germanistik, Sozialpsychologie und Publizistik an der Universität Zürich ab.
Schon als Werbeassistentin bei der GGK Zürich merkte ich, dass ich lieber texten (oder mich zumindest mit Texten, respektive mit Sprache, und zudem mit sozialen/psychologischen Aspekten befassen) würde, als Administratives zu erledigen. Während des Studiums arbeitete ich unter anderem bei einem Kinderbuchverlag, was mein zweites, postuniversitäres Berufsleben als Lektorin beim Unionsverlag/Limmat Verlag (damals noch fusioniert) einleitete. Bevor ich mich 1999 als Texterin, Lektorin und Korrektorin selbstständig machte, arbeitete ich beim Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (ewz) im Marketing. Auch hier riss ich stets alles an mich, was mit Schreiben/Texten zu tun hatte. Das machte ich so lange, bis mir bewusst wurde, dass ich daraus den für mich perfekten Full-Time-Job machen könnte. Meinen ersten Auftrag als Freelancerin durfte ich tollerweise gleich aus dem ewz mitnehmen: das Texten der ewz-Website.
Mein Unternehmen bietet zum einen Textkreationen für Newsletter, Websites, Blogs, Broschüren, Magazine, Unternehmensleitfäden, Flyer, Kundenkorrespondenz und vieles mehr an. Ab und an werde ich auch für journalistische Texte angefragt. Zum andern lektoriere/redigiere ich bereits bestehende Texte, das heißt, ich überarbeite sie nach stilistischen Gesichtspunkten, mache sie verständlicher, einzigartiger und reizvoller, immer unter Berücksichtigung der Handschrift des Textverfassers. Manchmal darf ich dasselbe auch mit einem Buchmanuskript (Sachbuch oder Belletristik) machen – immer noch eine meiner Lieblingsarbeiten. Neben dem Texten und Lektorieren biete ich zudem ein Korrektorat an, also ein Bearbeiten des Textes bezüglich Rechtschreibung und Grammatik.
In anderen Worten: Die Kundinnen und Kunden kommen zu mir, wenn sie das genau richtige (und nach Duden korrekt geschriebene) Wort am genau richtigen Ort haben möchten.
Ich bin sprachlich versiert, arbeite effizient und bin äußerst flexibel und zuverlässig. Deadlines sind mir heilig. Meinem Studium habe ich vermutlich zu verdanken, dass ich in der Lage bin, auch komplexe Sachverhalte in den meisten Fällen zügig zu verstehen und in nachvollziehbare Worte zu fassen. Dass ich nicht nur stilistisch helfen kann, sondern mich auch formal (mit dem Rotstift!) gut auskenne, ist sicher eine gewinnende Kombination. Mein Interesse ist sehr breit – ich würde mein Unternehmen daher thematisch nicht als spezialisiert, sondern als diversifiziert bezeichnen.
Aber ich denke, dass es nicht genügt, gute Arbeit abzuliefern. Die menschliche Beziehung zu den Kundinnen und Kunden ist ebenfalls enorm wichtig. Dazu gehören neben der Zuverlässigkeit auch ein freundlicher, anständiger Umgang und Fingerspitzengefühl in Gesprächen.
Preisdumping lehne ich grundsätzlich ab, aber es gibt sehr junge Kundinnen und Kunden oder solche mit wenig Geld, bei denen ich immer wieder gerne Honorar-Ausnahmen mache. Überdies arbeite ich ehrenamtlich als Schreibcoach im GZ Hirzenbach (Zürich-Schwamendingen), wo ich quasi an der Wurzel helfen kann, also genau jenen Menschen, die es am nötigsten haben. Hier hat das Menschliche sehr, sehr viel Platz!
Es muss damit zu tun haben, dass junge Menschen im Durchschnitt immer weniger lesen. Stattdessen sind sie mehr mit dem Handy und den sozialen Medien beschäftigt. Hier wird jedoch ein Schreibstil gepflegt, der aus stilistischer und orthografischer Sicht sehr achtlos ist. Und wer liest, der entwickelt mehr Fantasie und eine höhere Sprachkompetenz, welche beide der Schreibfertigkeit förderlich sind.
Allerdings muss ich sagen, dass schon zu meiner Studienzeit in der 1990er-Jahren der sehr beliebte Professor Sita (damaliger Dozent im Fach Linguistik an der Uni Zürich und einer der Duden-Autoren) kritisiert hat, dass die Schreibfertigkeiten der meisten Studis einfach nur lausig seien.
Die häufigsten „Fehler“ sind Wortwiederholungen, ein schlechter Satzrhythmus (ständig gleich lange oder gleich kurze Sätze) und die fehlende Kohärenz zwischen den Sätzen. Letzteres heißt, dass sich die Autorinnen und Autoren als Spezialisten eines Gebiets oft vorauseilend verhalten: Sie wissen schon so viel und vergessen dabei aber, dass ihr Lesepublikum Schritt für Schritt an dieses Wissen herangeführt werden muss. Deshalb lassen sie manchmal einen Schritt aus, verbinden die Sätze nicht mit Logik stiftenden Übergängen/Konjunktionen und verwirren damit eher, als dass sie weiterbringen. Nicht selten genügt eine kleine Umstellung, ein zusätzliches oder anderes Wort, und schon kommt der Text viel anschaulicher daher.
99 Prozent meiner Kundinnen und Kunden sind sehr empfänglich für Verbesserungsvorschläge und wirklich froh darum. Sie haben ja genau diesen Service bei mir bestellt – und bezahlen erst noch für meine Besserwisserei! Wenn ich einmal wirklich gravierend eingegriffen habe, wenn also der ganze Text mit roten Korrekturen übersät ist, dann schicke ich nach getaner Arbeit zwei Versionen: einmal den Text mit sichtbaren Korrekturen und einmal den finalisierten Text. So können sich die Kundinnen und Kunden zuerst die bereinigte Version zu Gemüte führen, ungestört von dem furchtbaren und vielleicht doch etwas frustrierenden roten Chaos. Meist schauen sie dann die „rote Version“ gar nicht mehr an …
„Nobody is perfect“ – auch Autoren mit langjähriger Erfahrung benötigen immer eine zweite Meinung. Rechtschreibregeln und vor allem die Sprache ändert sich im Lauf der Zeit teilweise erheblich. Damit Texte professionell aussehen und für die Leser ansprechend sind, wird ein Lektor benötigt. Perfekt gestaltete Texte in Werbebroschüren und anderen Materialien für die Öffentlichkeit sind außerdem eine perfekte Werbung für ein Unternehmen. Deswegen ist Sonjas Arbeit so wertvoll.