Probleme lassen sich in der Regel besser lösen, wenn wir auf dessen Kern stossen und diesen bearbeiten können. Oft ist uns Menschen nicht bewusst, wo die Ursache liegt, da nicht alles offensichtlich ist und über 90% unseres Denkens und Handelns aus unserem Unterbewussten gesteuert wird.
In der „privaten“ Psychotherapie ist die Systemische Aufstellungsarbeit schon länger als bewährtes Mittel zum Auflösen von Problemursachen hin zu einem gewünschten guten Ergebnis bekannt. Dabei ist es egal, auf welcher Ebene die verschiedenen Faktoren dieser Ursachen zusammen spielen. Mit der systemischen Aufstellungsarbeit finden wir Zugang zu den disfunktionalen Interaktionen des Zusammenwirkens, können sie erkennen, Hindernisse beseitigen und Hinweise erhalten, wie Ziele oder gute Ergebnisse fokussiert werden können.
Darüber haben wir mit Barbara Schmidt Oesch, Systemische Beraterin und Therapeutin SySt®/SYSTEMIS, Supervisorin und Coach BSO, und Pädagogin gesprochen. Sie ist 1956 im Kanton Thurgau geboren. Seit ihrer Kindheit war sie angetrieben zu verstehen, was Menschen auf ihre Art handeln und sein lässt. Das Unerklärliche wollte sie sowohl ergründen als auch verstehen. Sie blickt auf eine umfassende Ausbildung und ein abwechslungsreiches Berufsleben mit vielen Begegnungen zurück, die sie auf dieser Suche Schritt für Schritt weiter gebracht haben.
Stationen ihrer Aus- und Weiterbildung waren:
Sie war viele Jahre in verschiedenen Institutionen im Bereich der Integration von AusländerInnen sowie in der Suchtarbeit und Suchtprävention pädagogisch, therapeutisch und als Sozialarbeiterin mit institutionellen Führungsaufgaben tätig. Seit 1993 arbeitet sie in der eigenen Beratungsfirma, war seit 2008 Geschäftsführerin bei Beratungen Gallusberg GmbH – 10 Jahre gemeinsame Beratungstätigkeit mit ihrem Mann Felix Oesch – und heute von Barbara Schmidt Oesch GmbH.
Sie ist mit ihrem Unternehmen Mitglied bei:
Die Neugierde und das Interesse am Menschen per se. Ausserdem möchte ich mit ihnen herausfinden, wie sie zu mehr Kompetenz, Resilienz und zu mehr positivem Sinn im Umgang mit ihrem Leben als Voraussetzung für ein aktives Mitgestalten der Gesellschaft kommen können.
Systemische Aufstellungen verstehe ich als Externalisierungen von inneren Bildern und Gefühlszuständen, die gekoppelt sind an eigene Erfahrungen von denen wir geprägt sind, oder an Erfahrungen des Systems, aus dem jemand stammt. Die Systemischen Aufstellungen nutzen das implizite oder unbewusste Wissen, das uns oft nur über die Sinnesebenen zugänglich ist, und bringen Aspekte einer Fragestellung ins Bewusstsein, die wir aus Gründen des Nicht-Wissens, der Loyalität, der Schmerzvermeidung, aus Angst usw. nicht denken können und wollen.
Systemelemente, seien dies Personen, Ziele, Hindernisse und sämtliche möglichen weiteren Systemteile und -aspekte werden in der Aufstellung bewusst in ihrer jetzigen Beziehungsdynamik gesehen und entsprechend einer sinnvollen oder lebensdienenden oder gesunden Ordnung neu in Beziehung gesetzt und ausgerichtet. Oft gehört dazu ein Nachholen von verpassten oder vermiedenen Prozessen wie Wiedergutmachungen von Kränkungen, Würdigung von Leistung für ein System oder Systemelement, Verabschiedung von nicht dienlichen impliziten Leitsätzen und vieles mehr. Die Systemische Aufstellung – so wie ich damit arbeite – richtet sich immer an einem vorgängig gemeinsam mit den KundInnen erarbeiteten guten Ergebnis aus, das in den Blick genommen oder wirksam werden soll.
Ich erfahre Systemische Aufstellungen als ein sehr kraftvolles und wirksames Instrument oder Verfahren, das Prozesse massiv beschleunigen kann, da alle Wahrnehmungskanäle einbezogen sind. In Aufstellungen mit RepräsentantInnen erhält die Vielperspektive eine grosse Bedeutung und bringt Kundinnen und Kunden sehr schnell mit vielen möglichen Problem-, vor allem aber Gelingensperspektiven und -faktoren in Kontakt. Das Ziel oder gute Ergebnis rückt bereits ins Hier und Jetzt.
Zur Zukunft Systemischer Aufstellungen in der Schweiz kann ich kaum Aussagen machen. Ich stelle fest, dass dem Verfahren in etlichen professionellen Beratungskontexten mit Skepsis begegnet wird, da es zu oft von BeraterInnen angewendet wird, die keinen fundierten Hintergrund für die Arbeit damit haben und es dadurch im Raum der Willkür oder Esoterik gesehen wird. Aufstellungen werden in diesem Kontext oft mit Wahrheitsaussagen bzw. Zuschreibungen belegt, die manchmal, aber nur manchmal zutreffen.
Die Aufstellungsarbeit an sich ist ein Instrument und bedingt Kompetenz in Systemischem Coaching oder Systemischer Therapie.
Da, wo sich Unternehmen bereits auf Systemische Aufstellungen eingelassen haben, machen sie die Erfahrung, dass die Komplexität von Fragestellungen auf einfache Weise sicht- und erlebbar gemacht werden kann und mit den eigenen Wahrnehmungen, dem Bauchwissen, mit den bereits gebildeten Hypothesen usw. oft eine hohe Übereinstimmung aufweisen, und dass viele Ebenen eines Prozess auf schnelle und einleuchtende Weise nachvollziehbar werden. Dies ermutigt die Unternehmen, dieses Beratungsformat als Möglichkeit zur Planung und Evaluierung von Veränderungsprozessen einzubeziehen. In den Unternehmen stellt man oft nicht alleine darauf ab und erlaubt sich, die Erfahrungen aus der Aufstellung in die Diskussion einzubringen und nicht als Wahrheit anzunehmen.
Systemische Aufstellungen eignen sich für alle Unternehmen und wurden auch in allen Organisationskontexten angewandt. Voraussetzung ist eine reflektierende Haltung in allen Fragen, die eine Organisation zu beantworten hat. Mögliche Themen sind:
Im psychosozialen Feld arbeite ich oft an Klärungen, die Klientensituationen oder die Zusammenarbeit mit KlientInnen betreffen. Dabei kann es um besseres Verstehen und Nachvollziehen von Verhalten, um Fragen, die deren Beziehungsnetz betreffen, um Fragen, was diese brauchen, um aus schwierigen Situationen in eine bessere zu kommen, um Beziehungsfragen mit dem Helfernetz oder um hilfreiche Interventionen ganz allgemein gehen.
Dieses Zitat von Willy Brandt könnte Leitsatz für die Systemische Aufstellungsarbeit sein.
Ein guter Coach oder Therapeut wird in der Regel den passenden Weg finden, einzelne Menschen, Gruppen, Organisationen in unterschiedlichen Phasen mit den Kräften wie auch den Mängeln und dem nicht Versöhnten zu verbinden, um daraus Motivation und gesunden Sinn für die Zukunft zu finden.
Vielen Dank an Barbara Schmidt Oesch für ihre Zeit und dieses sehr informative Gespräch.