Ben Kneubühler, 33 Jahre alt, in Bern aufgewachsen und seit fünf Jahren in Zürich wohnhaft, hat sich schon immer für Menschen interessiert. Es war deshalb immer klar, dass er einen Beruf mit Menschen auswählen würde. Fasziniert hat ihn die Medizin und die Psychologie. Nach dem Studium hat er nicht nur bei der Telefonhilfe für Kinder und Jugendliche 147 gearbeitet, sondern auch im Spital Thun am Zentrum für Sexualität und Familienplanung sowie bei der Fachstelle S&X.
Doch ziemlich schnell wurde ihm klar, dass er seine eigene Firma gründen möchte, da er gerne unabhängig ist, viel sowie gerne arbeitet und sein Kopf immer wieder sprudelt vor neuen Ideen. Also eröffnete er seine Praxis namens «Der Psychologe» in Zürich.
Das Unternehmen bietet Therapien und Coachings im Einzel-, Paar- und Gruppensetting an. Ausserdem werden Workshops für Jugendliche und Erwachsene durchgeführt. Zudem werden Weiterbildungen und Supervisionen für Fachpersonen angeboten. Schliesslich ist das Unternehmen auch in der Forschung tätig.
Ich liebe meinen Beruf, weil er so spannend und abwechslungsreich ist. Ich gehe sehr gerne zur Arbeit und die Tage, an denen es nicht so war, kann ich an einer Hand abzählen.
Es stimmt, dass ich viel mit Problemen konfrontiert bin, gleichzeitig bin ich auch Teil des Verbesserungsprozesses, was sehr befriedigend und schön ist. Natürlich bin ich auch häufig betroffen von den Geschichten und denke auch mal im Privatleben an die Klientinnen und die Klienten. Ich erlebe das aber nicht als Belastung – das Interesse an Menschen hat mich ja zu dem Beruf geführt. Wenn mich etwas sehr beschäftigt, schreibe ich es auf. Wichtig ist auch die Reflexion der Arbeit mit Kolleginnen und Kollegen.
Ich arbeite auch nicht die ganze Woche Vollzeit mit Klientinnen und Klienten, sondern habe noch andere Tätigkeitsbereiche und gebe beispielsweise Seminare. Die grössten und mühsamsten Herausforderungen sind für mich das ganze Drumherum: Berichte für Krankenkassen oder Behörden sowie andere administrative Tätigkeiten.
Ich denke, dafür braucht es keine Tipps oder Tricks und ich möchte auch niemanden etwas entlocken. Wichtig ist mir, eine sichere Atmosphäre zu schaffen. Die therapeutischen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Schweigepflicht, tragen sicherlich dazu bei.
Zudem ist die therapeutische Beziehung ja eine besondere Art der Beziehung: Die Klientinnen und Klienten wissen relativ wenig über mich, aber ich sehr viel über sie. Sie geben viel über sich Preis und haben ein offenes, akzeptierendes, nicht-wertendes Gegenüber. Dieses Setting ermöglicht es, Blockaden zu überwinden und offen, die relevanten Themen und Probleme anzusprechen. Ich bin ja kein Richter oder Detektiv und wenn ein wohlwollender Mensch gegenübersitzt, wird es als erleichternd erlebt, wenn wir über heikle Details beziehungsweise schwierige Themen sprechen.
Als Hilfsmittel im Sinne von einem Gegenstand habe ich Flipcharts, die ich aber eher selten benutze. Ich habe auch Karten mit Fragen oder Bildern, die helfen, etwas genauer zu ergründen oder auszudrücken. Manchmal verwende ich auch die Videokamera oder einen Pulsmesser, um etwas aufzuzeigen. Die Kamera nutze ich übrigens oft für mich, um meine Sitzungen aufzuzeichnen und nochmals anzuschauen. Die Arbeit im Raum mit Stühlen hilft ebenfalls zum Beispiel, um verschiedene Selbstanteile oder nicht abgeschlossene Themen mit zu veranschaulichen.
Nebst diesen «technischen» Hilfsmitteln nutze ich Fragebogen zum Beispiel, um einen Vergleich mit der «Norm» aufzuzeigen oder damit Paare ins Gespräch kommen. Nicht zuletzt ist der Körper auch ein unglaublich wichtiges Hilfsmittel. Er «lügt» nicht und gibt sowohl Patientinnen und Patienten als auch mir wertvolle Hinweise auf die ablaufenden Prozesse.
Ein gewisser Widerstand ist verständlich. Es geht ja oft um schmerzhafte Themen. Meine Erfahrung ist aber nicht, dass sich Paare grundsätzlich sträuben. Im Gegenteil: Gerade junge Paare sind sehr offen, wenn es darum geht, sich Unterstützung zu suchen.
Beziehungen sind etwas vom wichtigsten, aber auch kompliziertesten im Leben. Wir sind nicht dazu gemacht, allein zu sein. Gleichzeitig sind es auch unsere Liebsten, die uns die schlimmsten Schmerzen zufügen können und uns an die dunkelsten Orte bringen. Wenn wir die Verbindung gefährdet sehen, haben wir nicht viele Möglichkeiten – entweder wir leugnen den Schmerz, stellen uns taub oder wir werden laut und kämpfen. Über die Jahre verstärken sich diese Verhaltensmuster: Wir werden extremer.
Solange die Paare sich noch lieben, solange sie sich noch streiten, rate ich nicht von einer Beratung ab. Schwierig wird es, wenn ein Partner oder beide nach einer längeren Phase von Traurigkeit und Enttäuschung eigentlich schon aus der Beziehung ausgestiegen ist/sind und losgelassen hat/haben. In dem Fall gibt es kaum Hoffnung, die Liebe wiederherzustellen, eine Beratung kann sich aber dennoch lohnen, um eine saubere Trennung zu vollbringen.
Abraten würde ich, wenn sich auch nach ein paar Sitzungen keine Tendenz in Richtung von mehr Verständnis und Deeskalation zeigt und ich den Eindruck habe, mit den Sitzungen etwas Schädliches aufrecht zu erhalten. Das kommt aber zum Glück sehr selten vor.
Um für die Aufgaben in der Praxis gewappnet zu sein, hat Ben Kneubühler viel studiert: Psychologie, Psychotherapie und Neurowissenschaften. Danach hat er sich spezialisiert zum Fachpsychologen für Psychotherapie. Der 33-Jährige hat sich dann weitergebildet in den Gebieten Sexologie und Emotionsfokussierte Paartherapie. Hauptsächlich arbeitet Ben Kneubühler allein, aber er ist mit anderen Fachleuten in regem Austausch und hat auch Freelancer angestellt.