Menschen, die bei sich psychische Probleme festgestellt haben, wollen im besten Fall umgehend etwas an ihrem Zustand ändern. Doch manchmal wissen sie nicht, wie sie den Heilungsprozess angehen sollen. Manche denken, dass es reicht, nur Symptome zu bekämpfen, und sind sich nicht im Klaren, dass zunächst eigentlich Ursachen aufgedeckt werden müssen.
Sigrùn Kocher, 45 Jahre und aus Bern, ist Hypnosetherapeutin, und hilft Menschen dabei, Ursachen für Probleme zu ergründen, indem sie sie bei Reisen ins Unterbewusstsein unterstützt. Zu Beginn der Selbständigkeit als Hypnosetherapeutin hat sie allein eine kleine Praxis geführt. Nach zwei Jahren vermisste sie ein Team für den Austausch und gemeinsame Kaffee- und Mittagspausen. Zurzeit ist Kocher daher in einer Gemeinschaftspraxis mit einer Kunsttherapeutin. Zudem wird sie von zwei Hypnosetherapeuten unterstützt, welche sie entlasten bei zu viel Arbeitsanfall, und auch Ferienabwesenheiten abdecken. Kochers Lebenspartner Andreas regelt derweil Buchführung, Marketing- Webseite, Newsletter, Administration, und weiteres. Kocher beschreibt ihr Unternehmen als ein ganz kleines „Einfrau-Unternehmen“, welches ohne Businessplan und Jahreskonzepten aufgebaut wurde und im Laufe der Jahre stetig wächst und laufend Anpassungen mit sich bringt.
Ursprünglich war Kocher eidgenössische Diplom-Fachfrau für Betreuung. Während langjähriger Tätigkeit in verschiedenen sozialpädagogischen Einrichtungen mit Kindern, Jugendlichen, Asylsuchenden und in der Opferhilfe, wo Kocher heute noch mit einem kleinen Pensum tätig ist, hat sie sich zur systemischen Familienberaterin weitergebildet und ist da mit der Hypnosetherapie in Berührung gekommen. Einige Jahre später hat sie die Ausbildung zur Diplom-Hypnosetherapeutin VSH/NGH abgeschlossen und sich aufgrund des hohen Interesses und Nachfrage unmittelbar danach damit selbständig gemacht.
Kocher ist Mutter von zwei Töchtern, jeweils 25 und 15 Jahre alt. In der Freizeit hält sie sich gerne draußen auf, im und auf dem Wasser, in den Bergen oder mit einem guten Buch auf dem Sofa, und immer begleitet von guter Musik.
Als Kind wurde mir immer wieder gesagt, ich sei eine Träumerin :-). Heute weiß ich, dass ich schon damals die Fähigkeit hatte, mich aus Situationen, welche mir zu viel waren, einfach „wegzudenken“ in eine andere, angenehmere Realität. In solchen sogenannten Trancen konnte ich weit wegfliegen, währenddessen mir zum Beispiel auf dem Zahnarztstuhl ein Zahn gezogen wurde. Heute nutze ich die Hypnose täglich für mich, sei es zur Tiefenentspannung, gegen Bauchschmerzen oder zum Einschlafen. Mittlerweile kann ich sogar auf kurzen Busfahrten in eine tiefe Trance gelangen – natürlich von anderen unbemerkt – und anschließend erfrischt und hellwach aussteigen. Hypnose ist erlernbar und der Zustand ist allen bekannt, zum Beispiel kurz vor dem Aufwachen oder kurz vor dem Einschlafen.
Das faszinierende an der Hypnose ist, dass sie zugleich sehr einfach und sehr wirkungsvoll ist. Die Arbeit mit dem Unterbewusstsein, welches ein so viel größeres Potenzial bietet als unser Bewusstsein, ist oft sehr viel einleuchtender und nachhaltiger als Lösungen über den „Kopfweg“. Hypnose ist sehr hilfreich beim Bewältigen von Ängsten, beim Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins, bei hinderlichen Mustern und Gewohnheiten. Komplementär kann Hypnose auch sehr gut bei körperlichen Leiden hinzugezogen werden. Hier kann das Schmerzempfinden und auch der Heilungsverlauf nachweislich positiv beeinflusst werden. Kinder und Jugendliche sprechen besonders gut auf Hypnose an, spielerisch leicht können sie sich in Trance begeben und neue Wege einschlagen.
Wir unterscheiden zwischen analytischer Hypnose und posthypnotischen Suggestionen. In der analytischen Hypnose wird der Zeitpunkt der Entstehung eines Problems aufgesucht und dort neu bewertet. Das kann bedeuten, in eine vergangene Situation, aus welcher immer noch Alarmsignale in die Gegenwart gesendet werden, Ruhe zu bringen und dort zu belassen. In der hypnotischen Trance ist das Gehirn sehr aufnahme- und anpassungsfähig und daher auch für die posthypnotischen Suggestionen sehr empfänglich. Hier werden neue Verhaltensweisen geübt und im Unterbewusstsein verankert.
Im Unterschied zur Psychotherapie stellen wir Hypnosetherapeuten nie eine Diagnose. Bei psychiatrisch diagnostizierten Krankheitsbildern arbeiten wir nur komplementär und in Absprache mit den zuweisenden Fachpersonen. Seriöse Hypnosetherapeuten geben nie ein Heilversprechen ab.
Die Hypnose wird immer bekannter in den letzten Jahren und erlebt auch mehr und mehr Anerkennung durch die Schulmedizin. Ein Vorurteil in manchen Köpfen ist, dass die Hypnosetherapie esoterisches Geschwurbel sei. Mit meiner Bodenständigkeit kann ich dieses Vorurteil meist rasch entkräften. Immer noch gibt es auch die Angst, die Kontrolle zu verlieren und Machtlos zu sein, wie in einer Bühnenhypnose. Solche Klienten leite ich sehr langsam und sorgfältig in die Trance ein, damit sie ein Bewusstsein dafür bekommen, jederzeit aussteigen zu können bei Bedarf.
Grundsätzlich ist das allgemeine Interesse an der Hypnosetherapie sehr hoch und mit der wissenschaftlichen Anerkennung verschwinden die Vorurteile zusehends.
Angehenden Hypnosetherapeuten würde ich mitgeben: neben den theoretischen Inhalten immer auch praktische Erfahrung sammeln. Erst die praktische Anwendung bringt die nötige Sicherheit und das Vertrauen, mit dem eigenen Unterbewusstsein dem Unterbewusstsein des Klienten zu begegnen. Laufende Weiterbildung zu den spezifischen Anliegen bringen mehr Handlungsspielraum und Mehrwert für die Klienten.
Hypnose kann in vielerlei Hinsicht hilfreich sein: bei Angstbewältigung, beim Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins, und bei körperlichen Leiden – und dies sind nur einige Effekte. Kinder und Jugendliche springen in der Regel besonders gut auf Hypnose an, doch Hypnose erfreut sich generell zunehmender Beliebtheit. Das liegt daran, dass immer mehr Leute verstehen, dass eine Trance nicht gleich Machtlosigkeit bedeutet. Es gibt auch immer mehr Menschen, die von Hypnose profitiert haben und davon berichten.