Flamenco ist ein ganz besonderer Tanz, der den Tänzer voll und ganz fordert, körperlich und mental. Daher es sowohl eine sportliche Herausforderung Flamenco tanzen zu lernen, aber auch eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, auch mental stärker zu werden, da zum Beispiel die Konzentrationsfähigkeit gefördert wird, sich die Körperhaltung verbessert und sich so auch die Ausstrahlung verändert.
Wir haben darüber mit Rachel Robin-Bowman gesprochen, Flamencotänzerin, Choreografin und Sopranistin, die in Dornbirn lebt und seit diesem Jahr österreichische Staatsbürgerin ist. Vor 49 Jahren in Grand Rapids, Michigan, USA geboren, absolvierte sie die der Juilliard School in New York City und das New England Conservatory in Boston, Massachusetts. Schon während ihrer Ausbildung trat sie als Solistin mit Orchesterbegleitung in Städten wie Philadelphia, New York und Tacoma auf und reiste mit ihren Liederabenden durch die USA.
Sie suchte einen Ausgleich und kam ganz zufällig zum Flamenco, der sie sofort begeisterte. Dank eines Stipendiums war es ihr möglich, in Madrid spanisches Gesangsrepertoire, Kastagnetten und Flamencotanz zu studieren, was dazu führte, dass sie ganz nach Europa zog und sich immer mehr dem Flamenco verschrieb und diesen intensiv bei unterschiedlichen Tänzern und Tänzerinnen in Madrid, Sevilla und Barcelona studierte.
Durch ihre ausgeprägte Musikalität und ihr Verständnis für Gesang und Tanz, ist es ihr gelungen, eine neue Sichtweise zu entwickeln und den Tanz auf eine besondere Art zu interpretieren, was ihre Auftritte zu ganz besonderen Darbietungen macht. Dies war auch die Grundlage für ihren Unterricht, in dem sie seit dem Jahr 2000 in Kursen und Workshops in Deutschland, Österreich und der Schweiz, ihr Wissen und ihre Erfahrung an ihre Schüler weitergibt. 2017 eröffnete sie ihr Studio LLEGANDO, das Zentrum für Flamenco und Ausdruckstanz in Hohenems, wo sie alle Arbeiten allein erledigt, Organisation, Werbung, Kurse und Workshops – alles inkl. Putzen.
Flamenco ist in erste Linie Gesang oder „Cante“. Flamenco-Tanz ist technisch sehr fordernd, aber um Flamenco-Tanz-Strukturen zu verstehen, muss man sich vor allem mit dem Gesang intensiv auseinander setzen. Jeder Stil hat seinen eigenen Rhythmus, Melodie, Emotionen und Hintergrund. Als Musikerin / Sängerin fand ich den Gesang unglaublich spannend und es ist mir relativ leicht gefallen, ihn zu erforschen, was mir als Tänzerin sehr geholfen hat. Dieses Wissen versuche ich meinen SchülerInnen, neben Technik und Choreographien, weiter zu vermitteln.
Natürlich hat Flamenco eine körperliche Auswirkung – Haltung, Kondition, Muskeltraining, Koordination. Was ich aber vor allem erlebe, sind persönliche Veränderungen bei meinen SchülerInnen. Da Flamenco sehr anstrengend und kompliziert ist, fordert es stetig Konzentration und Präsenz. Mit der Zeit merke ich, dass die Menschen dadurch mehr und mehr „zu sich kommen“, sich besser kennen lernen. Die Fassade fällt oft weg, und was bleibt ist eine Ausstrahlung voller Zuversicht, Selbstbewusstsein, Stolz und Sensibilität. Was die SchülerInnen an Energie und Zeit reinstecken, bekommen sie mehrfach zurück.
Kastagnetten sind vor allem ein Solo-Instrument und idealerweise sollte man so das Kastagnettenspiel lernen, bevor man damit tanzt, da es schon sehr schwierig ist, das Tanzen, ohne zu beherrschen. Es verlangt viel Übung. Kastagnetten werden aus verschiedenen Materialien und in verschiedenen Größen gemacht. Man sollte sich gut beraten lassen und viel ausprobieren. Vor allem soll der Klang einem gefallen, sonst ist das Üben noch mühsamer!
Viele Faktoren spielen eine Rolle – Talent, Ehrgeiz, Engagement, usw. Ich habe SchülerInnen erlebt, die sich sehr schnell von Anfängern zu Fortgeschrittenen entwickelt haben. Ich habe auch SchülerInnen gehabt, die mehr als 10 Jahre im Anfängerkurs geblieben sind, und sich dort wohl gefühlt haben! Jeder sucht was anderes und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Flamenco lässt dafür Raum – man ist nie zu alt, zu langsam, zu groß, zu schwer – es gibt einen Platz für jeden! Ganz beherrschen tun es aber nur die wenigsten, wenn das überhaupt möglich ist – und zwar diejenigen, die sich dem Flamenco ganz und gar verschrieben haben. Und auch dann lernt man jeden Tag was dazu!
Beim Flamenco hört man nie auf, sich weiterzuentwickeln und weiter zu lernen, unabhängig davon, in welchem Alter man beginnt, genau wie im gesamten Leben. Darum ist es nie zu spät, anzufangen. Wenn man sich zu diesem intensiven Tanz hingezogen fühlt, sollte man sich trauen, es einfach zu versuchen und sich eventuell selbst zu überraschen. Wir danken Rachel Robin-Bowman für dieses inspirierende Gespräch und den Einblick in ihre Arbeit.